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Der Revisor
Von Nikolai Gogol
Die Stadt ist in Aufruhr: Ein Revisor hat sich angekündigt! Aus St. Petersburg angereist, hat er die Aufgabe, zu überprüfen, ob die Behörden effektiv arbeiten, die Steuern sinnvoll eingesetzt werden und Korruption vermieden wird. Der Stadthauptmann ist alarmiert, denn die öffentlichen Organe seiner Gemeinde sind in desaströsem Zustand: Der Postmeister öffnet willkürlich Briefe, die Kranken der Armenanstalt werden systematisch zum Rauchen verleitet und der Gerichtssaal dient nebenbei als Gänsestall. Kein Wunder also, dass die offiziellen Würdenträger bei Eintreffen der Nachricht unvermittelt in Panik ausbrechen. Im Eifer halbseidener Vertuschungsversuche übersehen sie jedoch, dass der Mann, den sie für den angereisten Revisor halten, in Wirklichkeit der harmlose Taugenichts Chlestakow ist. Dieser wiederum sieht durch die Verwechslung seine große Stunde gekommen – und so türmen sich die Verkennungen aufeinander, bis ein wahrer Orkan der Missverständnisse ausbricht und die ganze Stadt in heilloses Chaos stürzt.
Gogols Komödienklassiker steht seit seiner Uraufführung im Jahr 1836 weitgehend unterbrechungslos auf den internationalen Spielplänen. Die unablässige Konjunktur von Korruption und Vetternwirtschaft in der verwalteten Welt sorgt nach wie vor dafür, dass das Stück kaum je zu veralten droht. Sebastian Kreyers dritte Inszenierung am Bauturm – nach Trude Herr und La Traviata – wird daher die naheliegenden Bezüge zu einer wohlbekannten Stadt nicht aussparen, in der Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme bestens etablierte Bremsbeläge für Ideen und Innovation darstellen. Die kollektive Paralyse, in die sich Gogols um ihre Orientierung gebrachte Gesellschaft geworfen sieht, findet indes noch eine ganz andere Entsprechung in der Wirklichkeit: Je schwerwiegender die weltweiten Probleme, desto höher die Konjunktur für vielfältige Regime der Angst, die irrlichternde Blender und selbsternannte Propheten vortrefflich für ihre Interessen zu nutzen wissen.