Letters to a Grandfather

Vorschaubild © Kurt Heuvens | Veranstaltungsbild © Kurt Heuvens

Josefine Patzelt : Letters to a Grandfather

Wir wurden von unseren Eltern geschickt, die Mörder zu lieben, die sie nicht mehr lieben konnten. Wir wurden von unseren Lehrer*innen geschickt, nach den Morden zu fragen, von denen ihnen niemand erzählte. Wir werden von der Politik geschickt, zu erinnern, was wir nie erlebten. Wir sollen all das aufsaugen, was sie kollektive Erinnerung nennen. Aber das ist keine kollektive Erinnerung, das ist ein Mann in einer Bügelfaltenhose, das ist Opa.

 

Ein stetig wachsendes Aufkommen von nationalistischem Gedankengut während der letzten Jahre, in denen Zeitzeug*innen des 2.Weltkriegs noch leben – das Stück „Letters to a Grandfather“ spricht aus dieser spezifischen historischen Konstellation, die für unsere Zeit so prägend ist und die gleichsam langsam verschwindet.

Es fragt nach den Beziehungen zu Menschen, die sowohl Großväter als auch Soldat waren und behandelt diese in Bezug auf gesellschaftliche Ideale, familiäre Strukturen und einer gefühlten historischen Verantwortung als Enkelin eines Kriegstäters. Es nähert sich dieser Thematik sowohl durch persönliche Recherche als auch durch eine Vielzahl von Interviews mit Menschen verschiedener Generationen. Können wir Verhaltensmuster offenlegen, die einer anderen Vergangenheit als unserer eigenen geschuldet sind?

„Letters to a Grandfather“ ist ein Brief einer Generation an eine Vergangenheit, die wie ein Nebel den Horizont verschleiert. Eine Erinnerungspalette über das Erbe der Schuld und das Schweigen eines Opas.

 

CHOREOGRAPHIN

Josefine Patzelt studierte Modern Dance und Tanztheater an der Fontys Dance Academy in den Niederlanden. Sie arbeitete mit Sara Wiktorowicz, Liz King und tanzte für die Tanzmoto Dance Company in Essen. 2012 wurde sie Solistin am Polish Dance Theater in Posen, wo sie u.a. in Stücken von Ohad Naharin und Jo Strømgren zu sehen war. 2015 wurde sie Mitgründerin des Tanztheater-Kollektivs flies&tales in Köln, dessen Stücke auf mehreren Festivals in Deutschland spielten. Sie war Gasttänzerin der Oper Dortmund, Oper Bonn in Zusammenarbeit mit Bärbel Stenzenberger und bodytalk in Münster. Neben eigenen Produktionen arbeitete sie seit 2020 außerdem in einem Projekt mit Bridgeworks e.V., der Tanz Kompanie Stereo48 (PA), Emanuele Soavi INcompany, Bibiana Jiménez, Sara Escribano Maenza und Tanzwerke Vanek Preuß. „Letters to a Grandfather“ ist ihr erstes Stück einer Reihe, die sich mit Tanz, Geschichte und dem Körper als Archiv befasst.

 

„Letters to a Grandfather“ ist im Hinblick auf Thema und Gestaltung kein bequemes, sondern ein kunstvolles, irritierendes Stück, das gerade jetzt in die Zeit passt. Weil es vorführt, was der Krieg mit Menschen macht – auch wenn er schon längst vorüber ist.

Jürgen Bieler, 27.06.2022, General Anzeiger Bonn

Themen und Schlagwörter
Credits

Choreografie

Tanz

Musik

Dramaturgische Mitarbeit

Licht

Bühnenbild