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Vorschaubild © MEYER ORIGINALS
Nominiert für den Kölner Theaterpreis 2018
Kleiner Mann - was nun?
Von Hans Fallada
Hans Falladas Bestseller von 1932 zieht seine Leser:innen bis heute in den Bann – und das ist eigentlich gar nicht so selbstverständlich, wenn man bedenkt, wie ausführlich dieser Text Auskunft über sehr nüchterne Angelegenheiten gibt: Haushaltetats, Lohnabrechnungen, Krankenkassen – kaum ein anderer Roman erzählt so ausführlich von den finanziellen Bedürfnissen und Grenzen seiner Protagonisten. Damit zeichnet er ein ungewöhnlich sachliches Bild einer Gesellschaft, die kurz vor der Katastrophe steht: Nirgendwo sonst wird in vergleichbarer Weise plausibel gemacht, inwiefern die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen eine ganze Gesellschaft in jene Hysterie und flächendeckende Unsicherheit versetzen konnte, aus der schließlich der Nationalsozialismus fatales Kapital schlug.
Fallada zeigt beispielhaft auf, welche Angstmechanismen der Kapitalismus erzeugen kann und liefert damit eine Gesellschaftsdiagnose, die genauer unter die Lupe zu nehmen heute besonders relevant erscheint. Denn wo Angstvisionen und apokalyptische Szenarien wieder zum alltäglichen politischen Diskurs gehören, lohnt sich die Beschäftigung mit Fallada, der bei allem unvermeidlich scheinendem Fatalismus nie aus dem Blick verliert, dass es auch eine Kraft gibt, die größer ist als die kollektive Sorge: die radikale, niemals zweckorientierte Liebe zwischen zwei Menschen.